Die Oberbadische: Ein kühner Traum wurde wahr

Kinderärztin Martina John mit Quechua-Kindern in Peru (Foto: zVg)

Aus einer Vision, großer Leidenschaft und festem Glauben ist Beeindruckendes entstanden: Das Ärzte-Ehepaar John hat mittels Spenden und langjährigem Engagement das Hospital Diospi Suyana in Peru realisiert, das 2007 eingeweiht wurde. Unterstützung erfuhren und erfahren sie dabei auch aus Lörrach.

Von Gabriele Hauger

Lörrach. „Wir sind nur ein kleines Rad, aber es ist uns eine Ehre, bei diesem tollen Projekt mitwirken zu dürfen“, sagt Baptisten-Pastor Jürgen Exner. Noch unter seinem Vorgänger haben die Lörracher Baptisten als erste Kirchengemeinde eine offizielle Patenschaft für das Anden-Krankenhaus übernommen. Doch genau solch kleine Rädchen braucht es auch, um ein derart ambitioniertes Projekt Wirklichkeit werden zu lassen.

Martina und Klaus-Dieter John brennen für ihre Arbeit. Die heute 60- beziehungsweise 61-Jährigen waren in jungen Jahren auf Rucksackreise in Südamerika unterwegs, sahen hier das Elend der Quechua-Indianer, fehlende medizinische Versorgung und viel Leid. Beiden war schon lange klar, dass sie ihr Lebensziel als Ärzte in der „Dritten Welt“ finden wollen. Fünf Jahre war das tief gläubige Paar in einem kleinen Missionsspital in Ecuador tätig und sammelte so Erfahrung.

2002 starteten sie dann mit einem Projektentwurf für die Gründung eines neuen Missionsspitals in den Anden Perus – ein kühner Traum. Ihr Startkapital: Null.

Heute im Jahr 2022 können sie bei ihrem Besuch in Lörrach Unglaubliches vorweisen: ein Hospital, eine Zahnklinik, eine Schule, ein Medienzentrum wurden Wirklichkeit. Bisher gab es 460 000 Patientenkontakte. Über 200 Ärzte, zum Beispiel eine Zahnärztin aus Basel, Krankenschwestern, Sozialarbeiter, Handwerker, Techniker und Lehrer aus aller Welt haben bisher – über private Freundeskreise finanziert – jahrelang mitgearbeitet. 150 000 Privatpersonen haben gespendet, rund neun Millionen US-Dollar kamen von Firmen wie Siemens oder Roche aus Basel.

Auch ein Lörracher Unternehmen ist dem Projekt verbunden: Über einen Infostand der Baptisten in der Lörracher Fußgängerzone und einen Zeitungsartikel wurde vor Jahren die Familie Kaltenbach auf das Hospital aufmerksam. Die Firma spendete daraufhin benötigte Maschinen. Zwei Azubis halfen beim Packen der Geräte, flogen nach Peru und halfen beim Aufbau. Immer wieder sind auch Unterstützer aus dem Lörracher Raum vor Ort und informieren sich über den Stand des Großprojekts.

Neben seinen Tätigkeiten als Ärzte ist das Ehepaar immer wieder auf Info- und Spendentour, hielt inzwischen 16 Vorträge in Lörrach: im Kreiskrankenhaus, in der Bonifatius- und der Christuskirche, an der FES oder beim Rotary-Club.

Für die Johns geht es um gelebten Glauben. Weltweite Aufmerksamkeit ist den beiden gewiss: Fernseh-Reportagen, seitenlange Zeitungsartikel, Radio-Auftritte. Sie wurden bei Staatspräsidenten vorstellig, erhielten unter anderem das Bundesverdienstkreuz, haben mittlerweile drei Bücher geschrieben. Ob die zahlreichen geradezu unglaublichen Begegnungen und Vorkommnisse tatsächlich immer nur Zufall waren?

Klaus-Dieter John baut da eher auf Gott. Für ihn ist sein Engagement gelebter Glaube. Wichtig zu betonen ist ihm, dass die Unterstützer aus allen Glaubensrichtungen kommen oder auch Atheisten sind.

„Ihr seid echte Mut-Macher“, bilanziert Pastor Exner. Und freut sich, dass aus Enthusiasmus, Menschlichkeit und Glaube so viel Gutes entstehen kann.   Das Projekt „Diospi Suyana“ wird ab 28. April im SWR-Fernsehen in der vierteiligen Serie „Die Hoffnungsmacher“ vorgestellt. Vortrag in der Baptistengemeinde: Sonntag, 10.15 Uhr

(Die Oberbadische vom 24.04.2022 – mit freundlicher Erlaubnis)

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Die Oberbadische: Micha-Initiative mit Lokalgruppe in Lörrach

Lörrach. Eine Lokalgruppe der weltweit agierenden Micha-Initiative ist am 4. August in Lörrach gegründet worden. Dabei handelt es sich um ein globales Netzwerk, das Christen zum Engagement gegen extreme Armut und für globale Gerechtigkeit anleiten möchte. Sie engagiert sich dafür, dass die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umgesetzt werden.

Die Gruppe ist aus dem „just-people“-Kurs entstanden, der von der Baptistengemeinde in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule angeboten wird. Dort werden praktische Schritte erarbeitet, wie sich Menschen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einsetzen können, schreibt Jürgen Exner, Pastor der Baptistengemeinde.

Die lokale Michagruppe plant regelmäßige offene Treffen, Informationsveranstaltungen und praktische Aktionen.

Interessierte können auch gerne im September am nächsten „just-people“-Kurs teilnehmen. Weitere Informationen unter https://micha-initiative.de oder https://baptistenloerrach.de.

(Die Oberbadische vom 11.08.2021)

Gut (ein-)gerüstet

Das Gemeindehaus ist komplett eingerüstet. Von August bis voraussichtlich Ende Oktober wird das Dach erneuert.

Bei dieser Gelegenheit wird auch hier eine energetische Sanierung vorgenommen. Das heißt: Zukünftig werden wir einen “kühlen Kopf” bewahren und weniger Heizungsenergie zum Dach rausjagen.

Herzlich willkommen unter Gerüst und Schirm des Höchsten. Alle Gemeindeaktivitäten laufen ungehindert weiter.

Wer Menschen helfen will, schaut nicht erst im Gesetzbuch nach

Mari Fritschi und Jürgen Exner – Foto: Unicef

BZ-SERIE mit Interviews zu den Menschen- und Kinderrechten: Pastor Jürgen Exner über Artikel 14*), dem Recht auf Asyl.

LÖRRACH (BZ). Was bedeuten die Menschen- und Kinderrechte? Das Junior-Team und die Hochschulgruppe von Unicef haben Menschen in Lörrach befragt. Mari Fritschi hat sich mit Pastor Jürgen Exner vom Freundeskreis Asyl über Artikel 14 unterhalten, das Recht auf Asyl.

BZ: Der Freundeskreis Asyl hat sich zur Aufgabe gemacht, geflüchtete Menschen mit Wohlwollen zu empfangen und zu begleiten. Denken Sie, Artikel 14, Recht auf Asyl, braucht die Mitwirkung der Zivilgesellschaft?

Exner: Wer Menschen helfen will, schaut nicht erst im Gesetzbuch nach. Die Auslegung der Gesetze und deren Umsetzung in politische und behördliche Maßnahmen obliegt der Politik und der Verwaltung. Aber als Bürger bewegen wir durch unser Tun die Politiker, dass das auch geschieht. Wenn den Bürgern die Werte egal sind, werden sie auch in der Politik immer weniger Beachtung finden.

BZ: Lörrach und nicht nur Lörrach, sondern die ganze Welt ist ständiger Bewegung und Veränderung ausgesetzt. Wann macht Veränderung Angst?

Exner: Das liegt meiner Meinung nach in der Natur der Sache, in der Natur des Menschen. Leider wird das Stichwort Angst oft als rhetorisches Stilmittel verwendet, um Personen oder Überzeugungen abzuwerten. Jeder hat manchmal Angst und sollte sie auch haben. Denn sie warnt vor Gefahren und aktiviert, etwas zu tun. Mir ist wichtig, wie wir mit Ängsten umgehen. Es gibt Situationen, in denen muss ich tapfer sein und Angst aushalten und manchmal überwinden. Jeder hat sein eigenes Maß, kann aber auch lernen, seine Grenzen auszudehnen.

BZ: Ist es durch den Zuzug der Geflüchteten zu einer Veränderung unserer christlich geprägten Kultur gekommen?

Exner: Manch einer wollte vermeintlich das christliche Abendland vor dem Islam retten und dann kam raus, dass er selber den christlichen Glauben gar nicht kennt. Wenn es dazu dient, dass wir wieder intensiver über unsere christlichen Wurzeln nachdenken, umso besser. Ein wesentlicher Aspekt der christlichen Kultur ist die Liebe zu Menschen, insbesondere zu denen, die Hilfe benötigen – zum Beispiel Arme, Kranke oder Fremde.

BZ: Gab es nicht schon immer Vermischung von Kulturen und gibt es Beispiele, dass diese friedlich abliefen?

Exner: Ja, es gab in der Geschichte schon immer die Vermischung von Kulturen. Wenn etwas Neues kommt, sehen es die einen als Bereicherung, die anderen als Bedrohung des Bisherigen. Der Wind der Veränderung lässt die einen Windräder, die anderen Mauern bauen. Das geschieht innerhalb einer Kultur, sogar innerhalb einer Familie und natürlich auch weltweit. Als Christ kenne ich eine Ebene darüber. Eine Art Jesus-Kultur, die Menschen über alle nationalen Kulturgrenzen hinweg verbindet.

BZ: Bedeutet Veränderung zu einer mehr und mehr multiethnischen Gesellschaft eine Gefahr für den Frieden?

Exner: Das sollte eigentlich nicht so sein. Denn an oberster Stelle steht der Mensch, unabhängig seiner Ethnie. Aber richtig einschätzen kann ich das nicht. Da spielen noch so viele andere Faktoren eine Rolle. Man kann aber beobachten, dass das Gegenteil, die monoethnische Gesellschaft sehr wohl eine Gefahr für den Frieden ist. Beispiele sind der Faschismus und Nordkorea.

BZ: Wo sehen Sie die Chancen der multiethnischen Gesellschaft?

Exner: In meiner Kirchengemeinde sind Menschen aus circa 20 Nationen. Ich mag es, finde es interessant und erlebe es als einen großen Segen und eine wichtige Bereicherung. Allerdings habe ich bisher auch fast nur gute Erfahrungen gemacht.

BZ: Wie kann jeder Einzelne sich für Frieden einsetzen?

Exner: Indem er in seinem eigenen Leben Frieden sucht. Zunächst mit sich, seiner Familie und dann mit Gott. Friedensstifter zu sein, ist ein lebenslanger Lernprozess. Das mag sich nach viel Arbeit und Selbstüberwindung anhören. Es bedeutet aber vor allem Lebensqualität und Tiefgang.

BZ: Freiheit ist ein wichtiges Gut, Kenntnis und Befolgung von Menschenrechten auch. Was kann man tun, um Menschen für das Eintreten von Menschenrechten zu gewinnen?

Exner: Das hat viel mit Bildung, gerade auch der Persönlichkeitsbildung zu tun. Jugendliche, die in einer sozialen Gruppe, einer Kirchengemeinde oder einem Sportverein aufwachsen, sind hier schon auf einem guten Weg. Wer das alles nicht erleben darf, wird vielleicht zu stark von Werbung, Computerspielen und YouTube-Clips geprägt. Aber es gibt noch immer viele Initiativen, die dagegenhalten.

BZ: Sehen Sie in einem Menschenrechtsweg einen Schritt hin zu mehr Menschenrechtskultur in einer Stadt?

Exner: Das finde ich sehr interessant und halte es für einen guten pädagogischen Beitrag. Diesen Weg würde ich dann auch gerne entlanggehen wollen.

BZ: Haben Sie andere oder weiterführende Ideen, um Menschen zu motivieren, sich für das Selbstverständnis und die Selbstverpflichtung einer Gesellschaft hin zu mehr Toleranz, Freiheit, Demokratie und Frieden einzusetzen?

Exner: Ja, den Mut nicht verlieren und einfach weiter machen, auch wenn es Rückschläge und Enttäuschungen geben sollte. Wir folgen unseren Überzeugungen. Die haben auch dann ihre Gültigkeit, wenn wir wenig Zuspruch erhalten.

Jürgen Exner (56) ist Pastor der Baptisten-Gemeinde Lörrach.

(Badische Zeitung vom 10.07.2018)


*) Anmerkung: UN-Menschenrechtscharta Artikel 14

(1) Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.

(2) Dieses Recht kann nicht in Anspruch genommen werden im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich auf Grund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder auf Grund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.